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Nach der Budgetdebate: Wie weiter mit den Luzerner Kantonsfinanzen

14. Dezember 2016

Gestern hat der Luzerner Kantonsrat das Budget für das Jahr 2017 verabschiedet. Aufgrund der angespannten finanziellen Lage sind umfangreiche Sparmassnahmen und eine Steuererhöhung notwendig. Doch damit sind die finanziellen Probleme und Herausforderungen des Kantons bei weitem noch nicht gelöst. Ohne grundsätzliche Reformen ist auch in den kommenden Jahren mit jährlichen Sparübungen zu rechnen. Diese werden umso gravierender ausfallen, wenn das Referendum der Rechtspopulisten zustande kommt, und die geplante Steuererhöhung durch die Stimmbevölkerung abgelehnt werden sollte.

Die Gründe für die finanziell angespannte Situation sind bekannt: die Ausgaben wachsen aufgrund der demografischen Entwicklung in den kommenden Jahren stärker als die Einnahmen. Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen können diesen Trend zwar kurzfristig brechen. Die zugrundeliegenden strukturellen Faktoren beheben sie jedoch nicht. Hinzu kommen konjunkturellen Risiken, welche den Staatshaushalt aufgrund der sehr restriktiv ausgestalteten Schuldenbremse im falschen Moment zusätzlich belasten könnten.

Gegen eine Schuldenbremse ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Im Gegenteil: Solche Fiskalregeln sind ein wertvolles Mittel, den Staatshaushalt langfristig im Gleichgewicht zu halten. Entscheidend ist jedoch deren Ausgestaltung. Und hier schneidet die geltende Luzerner Schuldenbremse schlecht ab. Mit dem vollständigen Ausgleich der Geldflussrechnung innerhalb von fünf Jahren behindert sie dringend notwendige Investitionen. Zudem berücksichtigt der mittelfristige Ausgleich der Erfolgsrechnung konjunkturelle Schwankungen nur ungenügend. So waren in den vergangenen, teilweise konjunkturell schwachen Jahren, praktisch keine Defizite möglich. Das widerspricht einer vernünftigen, antizyklischen Finanzpolitik. Seit Jahren fordern deshalb die Grünliberalen eine Reform der Luzerner Schuldenbremse.

Erfreulicherweise kommen die Regierung und andere Parteien nun endlich auch zum Schluss, dass Reformen notwendig sind. Der Vorschlag der Regierung geht grundsätzlich in die richtige Richtung. Mit der Hilfe eines zu Beginn mit 100 Millionen Franken dotierten Ausgleichskontos sollen kurzfristige Schwankungen aufgefangen werden. Die vorgesehene Regelung, dass Defizite im Ausgleichskonto innerhalb eines Jahres abgebaut werden müssen, macht jedoch die Flexibilität und Konjunkturtauglichkeit wieder zunichte. Die Grünliberalen fordern deshalb, bei einem Fehlbetrag des Ausgleichskontos einen graduellen Ausgleich. Damit wird vermieden, dass in konjunkturell schlechten Zeiten rigoros gespart werden muss.

Kritisch zu beurteilen ist auch die fixe und somit starre Schuldenobergrenze von 90 Prozent des Ertrags einer Steuereinheit. Diese Grenze ist willkürlich und macht zudem die Schuldenobergrenze von der Steuergesetzgebung abhängig. Entscheidend ist letztendlich die Fähigkeit des Kantonshaushalts, die mit den Schulden verbundene Amortisation und die Zinszahlungen zu tragen. Dazu reicht eine ausgeglichene Erfolgsrechnung. Und wenn schon wäre es sinnvoller, eine Schuldenobergrenze an das Wirtschaftswachstum und die Zinsbelastung zu koppeln.

Die zentrale Herausforderung für die Kantonsfinanzen ist jedoch die demografische Entwicklung. Wir werden immer älter, was ja grundsätzlich positiv zu beurteilen ist. Problematisch ist hingegen das mit dieser Entwicklung einhergehende abnehmende Verhältnis zwischen Erwerbstätigen und Pensionierten. Dieser Trend ist die grundlegende Ursache für die aufgehende Schere zwischen Staatseinnahmen und Staatsausgaben. Die Einnahmen wachsen mit der Wirtschaftsentwicklung und sind deshalb von der Produktivität und der Anzahl der Erwerbstätigen abhängig. Die Ausgaben wachsen hauptsächlich mit der Anzahl der Einwohner im Pensionsalter. Und hier zeigen die Langfristperspektiven des Bundes steil nach oben, insbesondere bei den Sozialversicherungen und den Kantonen.

Während beim Bund mit der Altersvorsorge 2020 derzeit im Parlament ein Massnahmenpaket debattiert wird, das zumindest mittelfristig die Sozialwerke auf eine tragfähige Basis stellt, wird die Problematik in den Kantonen irgendwie weitgehend verdrängt, so auch im Kanton Luzern. Dabei ist es so sicher wie das Amen in der Kirche, dass wir ohne nachhaltiges Finanzierungskonzept für die steigenden Gesundheits- und Sozialkosten auch in den kommenden Jahren von Sparprogramm zu Sparprogramm hecheln werden. Ohne zusätzliche finanzielle Mittel werden die Mehrkosten nicht ohne weitere schmerzhafte und existenzbedrohende Abbaumassnahmen bei anderen staatlichen Leistungen zu bewältigen sein. Ein langfristiges Finanzierungskonzept für die demografieabhängigen Ausgaben ist deshalb dringend notwendig, weshalb wir mit einem Vorstoss den Regierungsrat auffordern, eine entsprechende Strategie zu erarbeiten (http://lu.grunliberale.ch/unsere-positionen/aus-dem-parlament.html) .

Im Übrigen läge das Geld dazu buchstäblich auf der Strasse: Auf jährlich über 6 Milliarden Franken belaufen sich gemäss Bundesamt für Statistik die ungedeckten Umwelt- und Gesundheitskosten des Strassenverkehrs. Auf den Kanton Luzern heruntergebrochen sind das jährlich rund 300 Millionen Franken. Umweltabgaben, welche diese Kosten den Verkehrsteilnehmenden belasten, könnten deshalb einen entscheidenden Beitrag zur Finanzierung der demografieabhängigen Ausgaben leisten.

Kostenwahrheit wäre eigentlich auch im Sinne der Wirtschaft, zumal es ökonomisch alleweil sinnvoller ist, statt die volkswirtschaftlich nützliche Wertschöpfung den ökologisch schädlichen Ressourcenverbrauch zu besteuern. Leider verhalten sich die Verbandsfunktionäre bisher alles andere als innovativ und halten allzu oft stur und gebetsmühlenartig an alten Konzepten und Parolen fest. Vielleicht braucht die Akzeptanz neuer Finanzierungssysteme einfach noch etwas Zeit: Zeit jedoch, die wir angesichts der demografischen und ökologischen Herausforderungen der kommenden Jahre schon bald nicht mehr haben werden.