Ausserordentliche Ausgaben für die Armee und die Ukraine stehen im Einklang mit den Vorgaben der Schuldenbremse
Die Motion für die Schaffung eines ausserordentlich finanzierten Fonds für den Wiederaufbau der Ukraine und den Ausbau der Schweizer Armee ist verfassungskonform und mit der Schuldenbremse vereinbar. Denn die Bundesverfassung lässt ausserordentliche Ausgaben zu. Der Kern der Schuldenbremse ist in der Bundesverfassung (BV, 101) in Art. 126 Abs. 1 geregelt: "Der Bund hält seine Ausgaben und Einnahmen auf Dauer im Gleichgewicht." In Art. 3 Abs. 2 werden die Grundlagen für den Mechanismus der Schuldenbremse konkretisiert: "Der Höchstbetrag der im Voranschlag zu bewilligenden Gesamtausgaben richtet sich unter Berücksichtigung der Wirtschaftslage nach den geschätzten Einnahmen." Weiter ausgeführt wird dieser Artikel im Finanzhaushaltsgesetz. Konkret wird ein Ausgabenplafonds festgelegt, welcher mit einem Konjunkturfaktor die Wirtschaftslage berücksichtigt. In einer boomenden Wirtschaft muss der Bund einen Überschuss, in einer schwächelnden Wirtschaft darf er ein Defizit budgetieren.
Die Motion der sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats verlangt vom Bundesrat, dem Parlament einen Entwurf für ein Bundesgesetz über einen ausserordentlichen Beitrag für die Sicherheit der Schweiz und den Frieden in Europa vorzulegen. Dazu soll ein befristeter Fonds geschaffen werden. Wäre eine solche ausserordentliche Finanzierung mit der Bundesverfassung vereinbar? Ja, denn die Bundesverfassung sieht die Möglichkeit, Ausgaben ausserordentlich zu finanzieren, in Art. 126 Abs. 3 ausdrücklich vor:
"Bei ausserordentlichem Zahlungsbedarf kann der Höchstbetrag nach Absatz 2 angemessen erhöht werden. ... " Die Bundesverfassung präzisiert jedoch nicht, unter welchen Bedingungen ausserordentlicher Zahlungsbedarf geltend gemacht werden kann. Das Finanzhaushaltsgesetz (FHG, 611.0) ist zwar etwas konkreter, formuliert die Voraussetzungen dafür aber in Art. 15 Abs. 1 auch nur allgemein: Der Höchstbetrag kann unter anderem erhöht werden im Falle von: "aussergewöhnlichen und vom Bund nicht steuerbaren Entwicklungen; ..."
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine ist zweifellos eine aussergewöhnliche Entwicklung, die vom Bund nicht steuerbar ist. Es ist deshalb nachvollziehbar und legitim, die Ausgaben für die Flüchtlinge aus der Ukraine als ausserordentlich zu betrachten. Aber können aus diesem Grund auch die Ausgaben für den Wiederaufbau der Ukraine und die Aufrüstung unserer Armee aufgrund der gestiegenen Bedrohung als ausserordentlich betrachtet werden? Aus meiner Sicht sind die Voraussetzungen dafür gegeben. Es sind die Folgen einer schwerwiegenden internationalen Krise, welche die Schweiz unmittelbar betrifft und bedroht, so wie es die Pandemie war, und so wie es im Übrigen auch der Klimawandel ist. Zudem gebietet es die Bundesverfassung in Art. 2, die Sicherheit des Landes zu wahren und sich für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung einzusetzen.
Zuerst publiziert auf LinkedIn im Mai 2024